Der Begriff systemische Inszenierung wird von Armin Poggendorf als Bezeichnung für das
lösungsorientierte, aber offene methodische Vorgehen in team-dynamischen Workshops
verwandt.Generell versteht man unter einer Inszenierung das öffentliche Darbieten, das szenische
Umsetzen von künstlerischen Werken, kulturellen oder rituellen Handlungen.
Der Stoff einer Geschichte, eine Begebenheit, ein Spiel, ein Fest, eine Figur, eine Familie,
ein Betriebsgeschehen, ein Parteitag, ein persönlicher Auftritt wird inszeniert. Man kann
sich sogar selbst inszenieren, wie aus folgendem Zeitungszitat hervorgeht:
„Bundeskanzler Schröder war beim Inszenieren von Nähe ganz famos.“Die systemische Inszenierung findet stets als Gruppenprozess statt und greift zurück auf
Elemente von bekannten Methoden wie systemische Aufstellung, Selbstdarstellung,
Rollenspiel, Psychodrama, Spontantheater etc. Ein gemeinsames Prinzip dieser Methoden
ist, dass jeweils ein persönliches oder soziales System in Szene gesetzt wird, um es zu
veranschaulichen bzw. um anschaulich an ihm zu arbeiten.Bei einer systemischen Inszenierung wirken grundsätzlich mit:
- der Inszenator
gleich, wie er in seinem Veranstaltungsumfeld genannt wird: Trainer, Aufsteller,
Spielleiter, Teamdynamiker, Moderator, Regisseur
- der Protagonist
der sein Anliegen einbringt, gleich wie er genannt wird: Hauptperson, Hauptdarsteller,
Klient- die Repräsentanten
gleich, wie sie genannt werden: Darsteller, Mitspieler, Rollenspieler, Schauspieler,
Stellvertreter- die beobachtenden Teilnehmer
Teilnehmer, die nicht in der Szene vorkommen, sie sitzen im Kreis drum herum und
nehmen Plätze ein, auf denen sie den Ablauf gut verfolgen können. Sie bilden den
wichtigen Resonanzkörper: die Zeugen, die Zuschauer, das Publikum, das Ensemble,
das anwesende TeamMit der systemischen Inszenierung verfolgt man die Absicht, ein System mit Hilfe der
anwesenden Personen räumlich-körperlich abzubilden und zum Leben zu erwecken,
damit der Protagonist Aufschluss über seine Funktion und Position erhält – etwa über
unausgeglichene Beziehungen, verborgene Verstrickungen, anmaßendes oder
unangemessenes Verhalten, nicht übernommene Verantwortung etc. Der Protagonist soll
durch einen emotionalen Prozess geleitet werden, an dessen Ende er freier, aufgeräumter,
kompetenter dasteht und insgesamt stimmiger in sein System integriert ist.Der Inszenator nimmt Einfluss darauf, wie die Dynamik des Systems abgebildet und
wahrgenommen wird. Aufgrund seiner Erfahrungen und Eingebungen lenkt er spontan den
Ablauf. Dabei spielt eine wichtige Rolle:
- das in Szene gesetzte System
Ein anwesendes soziales System oder das nicht anwesende System eines
Teilnehmers?
- die dargestellte Systemebene
Familie, Paarbeziehung, Arbeitsbeziehung, Geschäftsbeziehung, Team, Körper etc.
Werden eher Konstellationen, Situationen oder Interaktionen in Szene gesetzt?
- die Auswahl der Systemelemente
Betriebsteile, betriebliche Anspruchsgruppen, Personen, Persönlichkeitsanteile,
Körperteile, Organe, Werte, Ressourcen, Alternativen
- die Stellvertretung
Welcher Teilnehmer steht für welches Systemelement? Wie lange wird der Protagonist
vertreten, ehe er sich selbst in die Szene einstellt? Oder steht jeder für sich selbst?
Rollentausch?
- die räumliche Stellung
Wird sie vorgeschlagen oder von den Darstellern spontan eingenommen und
verändert? Beachtung und Bestimmung der Proxemik: Distanz, Augenhöhe,
Ausrichtung, Blickrichtung, Berührung
- die passenden Worte
Werden sie vorgeschlagen oder improvisiert? Werden Lösungssätze oder
Formulierungen vorgesprochen? Oder agieren die Teilnehmer schweigend?
- die passenden Gesten
Körperhaltung: stehen, sitzen, knien; Verneigung, Umarmung, Segnung, die Hände
reichen etc.
- die passenden Requisiten
Wird die Szene plastischer, kurzweiliger durch kleine Dinge, die mitspielen?
Tücher, Blumen, Kerzen, Kissen, Steine, wichtige symbolisch Objekte?
- der Szenenfluss
Langsame Bewegungen mit Stellungen, die angehalten und ausgeforscht werden,
oder quirliges, spontanes Theater?
- der Szenenschluss
Wie rundet sich die Szene? Wann wird unterbrochen, abgebrochen? Wann kann
etwas so stehen bleiben? Gibt es ein Lösungsbild?Bei der systemischen Inszenierung ist es wichtig, dass nicht der Inszenator seine
persönlichen Absichten durchsetzt, sondern dass die im System innewohnenden Kräfte zum
Ausdruck kommen und die verborgenen Tendenzen sichtbar werden. Der Inszenator erhält
Informationen und Hinweise unmittelbar aus der Szene und aus den Reaktionen der
Teilnehmergruppe, er schöpft seine Ideen aus dem, was sich zeigt.Im team-dynamischen Training folgen die Inszenierungen stets einem systemischen
Konzept. Der Trainer nutzt und kombiniert die methodische Vielfalt bedarfsgemäß, je nach
Phase des Workshops und Anliegen der Teilnehmer.Bei welchen Anliegen helfen systemische Inszenierungen?
.